Ariana Pradal • 04.04.2019

Sweet Dreams –
Schlaf braucht Routine.

Mit ein bisschen Übung und Routine können wir es fast mit den Murmeltieren aufnehmen: Denn wenn wir mehr über unseren Schlaf und unser Verhalten wissen, springen wir am Morgen auch frischer aus den Federn. Dafür ist das eigene Verhalten vor dem Zubettgehen zentral.

Schlaf ist wichtig. Genauso wie gute Ernährung. Und doch lesen und reden wir viel seltener darüber, als über gesundes Essen oder Sport. In unserer 24-Stunden-Leistungsgesellschaft wollen viele von uns, dass alles perfekt ist. Deshalb kommen wir auch am Abend nicht zur Ruhe. Bis spät sind wir damit beschäftigt, jeden Lebensbereich zu optimieren. Doch gerade wenn man überall die volle Leistung erbringen will, braucht es einen gesunden Schlaf.

IKEA hat deshalb in einer Studie rund 8300 Personen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland zu ihrem Schlafverhalten befragt. Diese hat ergeben, dass 53% der Befragten Schlaf als sehr wichtig einstufen. Trotzdem wissen 39% der Befragten nicht, wie sie ihren Schlaf verbessern könnten. Aufhorchen lässt insbesondere auch, dass 41% der Befragten unter der Woche schlecht schlafen und rund ein Drittel konstant Probleme beim Einschlafen haben. Gehören auch Sie dazu? Denn dies müsste nicht sein.

Mit Herrn und Frau Schweizers Schlaf befasst sich fast täglich die Pneumologin und Somnologin Tsogyal Daniela Latshang. Sie ist Chefärztin am Kantonsspital Graubünden in Chur und Leiterin der Abteilung Pneumologie und Schlafmedizin. Im Interview gibt sie uns Einblicke in diesen mysteriösen Zustand und auch den einen oder anderen Rat, wie man den eigenen Schlaf verbessern und sicherstellen kann, dass er nicht Sorge, sondern Energiequelle ist.

Frau Latshang, wieso ist Schlaf derart wichtig?

Im Schlaf fährt der Körper sein System herunter. Der Puls und der Blutdruck sinken, die Atem- und Gehirnaktivitäten gehen zurück. An anderen Orten wird dafür viel gearbeitet: Zum Beispiel vernetzen und verstärken sich die Nervenzellen und im Hirn werden Abbaustoffe wegtransportiert. Das heisst, im Schlaf erholen, stärken und reinigen wir uns zugleich.

Was passiert eigentlich, wenn wir schlafen?

Während wir schlafen, machen wir vier bis fünf Schlafzyklen durch. Ein Zyklus dauert rund 90 Minuten. Dabei wechseln sich Traum-, Leicht- und Tiefschlaf ab. Zu Beginn der Nacht schlafen wir am tiefsten, gegen den Morgen nimmt der Traumschlaf zu und wir schlafen oberflächlicher. Das Lebensalter beeinflusst unsere Schlafqualität ebenso. Neugeborene schlafen öfters, länger und tiefer. Doch wenn wir älter werden, können die Nervenzellen die tiefen Wellen, die wir für den Tiefschlaf brauchen, weniger gut bilden. Somit ist der Schlaf im Alter oft oberflächlicher.

Durch was wird der Schlaf ausgelöst?

Wir haben zwei Systeme in uns. Wenn sich diese beiden Systeme treffen, schlafen wir. Das erste ist unsere innere Uhr und diese entspricht ungefähr 24 Stunden. Diese innere Uhr reagiert auf Tag und Nacht, hell und dunkel. Im Dunkeln bilden sich die Schlafhormone. Darum schlafen wir im Dunklen besser als im Hellen. Das zweite System, das unser Schlafverhalten prägt, ist die Homöostase oder anders gesagt der Schlafdruck. Das heisst, wir schaufeln Müdigkeit an. Je müder wir sind, desto eher wird der Schlaf ausgelöst. Wenn man Schlafstörungen hat, dann sollte man am Abend keinen exzessiven Sport treiben, nicht viel essen oder Alkohol trinken, keine Streitgespräche führen, gewisse Medikamente meiden und sich nicht dem blauen Licht von elektronischen Geräten aussetzen. Denn all diese Sachen hindern die Bildung der Schlafhormone oder lenken vom Schlaf ab.

Was sind die Voraussetzungen, die ich beeinflussen kann, damit ich gut schlafe?

Schlaf braucht Routine. Am besten ist ein Ritual, dass der Körper wiedererkennt und dann weiss, nun kommt «Schema Schlafen». Zudem ist eine Raumtemperatur zwischen 16-18°C gut. Das Schlafzimmer soll dunkel und ruhig sein, damit man entspannen und sich das Schlafhormon bilden kann. Am besten ist, man schliesst den Tag zwei Stunden vor dem Zubettgehen ab und erholt sich. Falls man in der Nacht erwacht, nicht immer auf die Uhr schauen. Besser ist aufstehen, etwas machen, was einen entspannt und erst wieder ins Bett gehen, wenn man müde ist.

Leidet die Schweiz an Schlafstörungen?

25% der Schweizer Bevölkerung leidet an Schlafstörungen. Am verbreitetsten sind Ein- und/oder Durchschlafstörungen und schlafassoziierte Atmungsstörungen, die so stark sind, dass dies Auswirkungen auf unseren Alltag haben. Optimale Schlafhygiene, Entspannungsübungen oder eine Beatmungsmaske können da zum Beispiel helfen, dass man durchschläft. Manchmal ist es aber nur etwas Kleines, dass eine Person anpassen muss, damit sie wieder besser schläft. Das kann etwa sein, am Abend nicht mehr zu rauchen oder immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen.

Ein immer wieder genannter Punkt für schlechten Schlaf ist die Digitalisierung: ständige Erreichbarkeit und Handynutzung. Stimmt das?

Die 24-Stunden-Gesellschaft hat unser Schlafverhalten sicherlich beeinflusst. Das Handy am und im Bett zum Beispiel hat Suchtpotential und ist eher ein neues Problem, das zu Schlafstörungen führen kann, weil wir nicht abschalten. Wir wissen auch nicht, wie sich die elektronischen Strahlen aufs Hirn auswirken. Dass sie die Hirnströme beeinflussen, können wir aber sehen und messen. Darum schaltet man das Handy während der Nacht gleich wegen zwei Gründen aus: um die Erreichbarkeit und den Elektrosmog zu kappen.

Fotografie: Flora Hanitijo