Besuch bei den Campern Gabriela und Georg

«Unser Zuhause tragen wir im Herz»

Rainer Brenner • 28.02.2018

Gabriela und Georg haben ihre Wohnung vor sechs Jahren gegen einen Standplatz auf dem Winterthurer Campingplatz eingetauscht. Dort träumen sie vom Weiterziehen.

«Bei Gabriela und Georg isst man gut», meint die Mutter der Chefin des Campingplatzes und strahlt, als sie uns den Weg zum roten Mercedes Sprinter an der Hecke weist. Im Vorzelt werden wir von einem süssen Zimtduft empfangen: Georg und Gabriela haben eine Apfelwähe für unseren Besuch vorbereitet und sind bereits mit den Vorbereitungen für den nächsten Besuch beschäftigt.

Die 57-jährige Gabriela arbeitet als Spitex-Betreuerin, Gedächtnistrainerin und ist zudem Präsidentin des Quartiervereins Rosenberg, Georg ist 61 Jahre alt, ist gelernter Schreiner und arbeitet heute als Projektleiter für eine Firma in Bülach, welche Werkzeuge für Schreinereien herstellt. Seit 2011 ist der Winterthurer Campingplatz am Schützenweiher der feste Wohnsitz der beiden. Gekocht und gelebt wird während der kalten Jahreszeit auf engem Raum: Das Vorzelt dient mit seinem Tisch und Sofa als Wohnzimmer, gekocht und geschlafen wird im Van, dessen Seitentür direkt ans Vorzelt anschliesst. ‹Wir sind nicht sehr materialistisch›, erklärt Gabriela. Ihr ganzes Hab und Gut findet daher problemlos in einigen kleinen Schränken und Regalen Platz.

In der Nachbarschaft finden sich während der Wintermonate praktisch nur Camper mit festem Wohnsitz auf dem Campingplatz. ‹Man trifft sich vor allem beim Hauptgebäude, wo wir duschen, waschen und das Geschirr saubermachen. Im Sommer öffnen sich aber die Türen wieder, dann findet das Leben draussen statt und verteilt sich über den ganzen Platz›. Die beiden sind seit neun Jahren in zweiter Ehe verheiratet und waren schon immer viel auf Achse. In Neuseeland gaben sie sich das Jawort – und das Versprechen, nie länger als vier Jahre an einem Ort zu bleiben. ‹Letzteres haben wir mittlerweile aber mehrmals gebrochen›, meint Gabriela und lächelt.

«Das Schönste an diesem Leben ist, dass man jederzeit abreisen kann, wenn man das will»

Georg Meyer Moser

Immer bereit für die Abreise

Zu ihrem Leben als Camper kamen sie dennoch eher zufällig: ‹Wir wohnten damals in Pontresina und kauften uns ganz spontan einen Camper mit Vorzelt, den wir hier abstellten. Schlussendlich gefiel es uns hier aber viel besser als daheim – darum sind wir einfach geblieben›. Eine Entscheidung, die sie seither nie bereut haben.

‹Das Schönste an diesem Leben ist, dass man jederzeit abreisen kann, wenn man das will›, schwärmt Georg. Zwei Stunden dauert der Abbau – dann wird das Vorzelt geschlossen, die Fahrersitze gedreht, die Postkarten und Erinnerungen von der Seitentür des Vans abgehängt und die rote Wohnzimmerwand verwandelt sich wieder in ein Zuhause auf Rädern. Momentan liegt das leider nur während der Ferien drin, aber nach Georgs Pensionierung möchten die beiden endlich weiterziehen – wahrscheinlich an die Ostsee. ‹Dann geht’s endlich wieder los›, flüstert Georg mit funkelnden Augen.

Fotografie: Anne Morgenstern