Raphaël Lutz – Designer für Tafelkultur

Portrait
Patricia Lunghi • 12.12.2018

Der Lausanner Designer Raphaël Lutz ist ein Multitalent, der sich auf die Tafelkultur spezialisiert hat. Inszenierungen, Serienobjekte oder Einzelstücke für Design-Galerien, Möbel nach Mass – nichts bleibt unentdeckt. Er liebt es, zu experimentieren, etwas auszuprobieren und neue Herausforderungen anzunehmen.

Raphaël Lutz ist 34 Jahre alt und hat schon jetzt einen gut gefüllten Lebenslauf. Mit nur 17 Jahren gründete er sein erstes Start-up-Unternehmen und mit 21 Jahren hatte er schon eine eigene Bekleidungskollektion und eine Möbelmarke. Nach einer zweijährigen Auszeit in China und Deutschland ging er 2008 an die ECAL, die kantonale Hochschule für Kunst und Design in Lausanne. Im Jahr 2009 gründete Lutz ein kleines Unternehmen für handwerkliche Dienstleistungen, 2012 das Studio Raphaël Lutz und 2016 dann das LAB, ein Kreativlabor für multidisziplinäre Experimente. Dieser Raum soll den Austausch durch Kooperationen, Workshops, Begegnungen zwischen Kreativen, Unternehmen, Start-ups, Privatpersonen und Fachleuten aus allen Richtungen fördern. Im LAB können alle Ideen Gestalt annehmen.

«Wenn ich eine Idee habe und etwas will, tue ich alles, um es zu bekommen, ich bin hartnäckig, ich lasse nicht locker»

Der pragmatische und kundenorientierte Raphaël Lutz scheut sich nicht zu sagen, dass Machbarkeit und Budget ebenso wichtig sind wie Ästhetik.  Im Gegensatz zu den meisten Designern macht er das Design, aber lässt herstellen: «Ich trete lieber an die Stelle der Editoren und lasse meine Stücke auf Bestellung ohne Mittelsperson anfertigen. So erhalte ich ein massgefertigtes Objekt zum richtigen Preis, das von lokalen Handwerkern hergestellt wurde». Unter dieser Prämisse entstand seine Kollektion von massgefertigten Tischen und Regalen, die von einer nur wenige Kilometer entfernten Schreinerei hergestellt werden.

Designer’s Table

Als Sohn von Gastronomen spezialisierte sich Raphaël Lutz nach und nach auf den kulinarischen Bereich und kreierte Objekte für die Tafelkultur. Er designte aber nicht nur Geschirr, sondern führte auch ein neues Format namens Designer’s Table ein, das die handwerklichen Fertigkeiten rund um das Konzept von Geselligkeit und gutem Essen vereint. Seine 2017 im Rahmen des Lausanne à Table, einem Gourmet-Event in der Waadtländer Hauptstadt, eingeführten kulinarischen Veranstaltungen sind nicht nur für die Geschmacksnerven, sondern auch für die Augen ein Genuss. Der Designer lädt dabei rund 15 Gäste in sein Atelier ein und verkostet mit ihnen Gerichte aus lokalen und saisonalen Zutaten. Bei diesen Events geht es aber nicht allein um gutes Essen, es geht auch um die Überraschung mit einer einzigartigen Erfahrung, bei der alle Sinne angeregt werden. Das Essen wird auf Originalobjekten serviert, die von Raphaël Lutz signiert und von lokalen Handwerkern hergestellt wurden. Ob Keramik-, Holz- oder Metallteller oder Servier- und Essbesteck – für jede Auflage des Events wird für alle vier Gänge des Menüs eine neue Kollektion designt. Das Design ist ein einzigartiges Erlebnis für die Gäste, die zum Beispiel vertikal von einem Teller essen oder in umgekehrter Reihenfolge, wobei die Sauce direkt in den Teller integriert ist. Für den Designer «ist es nicht das Ziel, die Art und Weise, wie wir essen, neu zu erfinden, sondern die mit dem Essen verbundenen Erfahrungen und Gesten neu zu betrachten und ihm durch das Design einen Mehrwert zu verleihen». Angesichts des Erfolgs der Designer’s Tables tischt das Studio Raphaël Lutz 2018 wieder eine Reihe von neuen Gourmet-Events auf.

Die Betonung liegt auf dem Lokalen

Ob Tafelkultur, Möbel nach Mass oder Designobjekte in limitierter Auflage – immer bevorzugt Raphaël Lutz die Handwerker der Region, weshalb die meisten seiner Objekte mit dem Gütezeichen Made in Vaud, im Waadtland hergestellt, versehen sind. «Für das Atelier ist es eine grosse Ehre, mit den Handwerkern des Kantons zusammenzuarbeiten und das besondere Know-how in den Vordergrund zu stellen, das die Waadt zu bieten hat. So ist jedes Projekt eine gute Gelegenheit, der Öffentlichkeit handwerkliche Methoden zu präsentieren und neue Kooperationen einzugehen, dadurch werden die Handwerker aufgrund des Designs zum Experimentieren angeregt und bringen in jedes Projekt Innovation und Mehrwert ein», betont der Kreative.

Der Bocuse d’Or, ein aussergewöhnliches Sprungbrett

Die speziell für das Gourmetrestaurant Hôtel de Ville in Crissier gefertigte Präsentierplatte für den weltweit wichtigsten kulinarischen Wettbewerb ist das Werk des Studios Raphaël Lutz. Die gelungene Kombination von Design und Food-Inszenierung beim Bocuse d’Or 2017 brachte dem Lausanner Studio Bekanntheit und Glaubwürdigkeit ein. Durch diese Erfahrung und den daraus resultierenden Erfolg konnte der Designer neue Kontakte zu Unternehmen knüpfen und neue Werkzeuge für die schönere Präsentation und leichtere Aufnahme von Speisen entwickeln. Als Experte für Food-Design und -Innovation hält er nun regelmässig Vorträge an der École hôtelière de Lausanne und der EPFL rund um das Thema Innovation durch Design.

Für ihr jüngstes Projekt Smooth Waves wollte die Confiserie Buet in Lausanne ihren Kunden ein einzigartiges Erlebnis bieten. Raphaël Lutz hatte dafür sechs einfache, aber überraschende Objekte hergestellt, darunter auch ein Kännchen für heisse Schokolade, wobei alle Objekte aus Keramik und von lokalen Handwerkern hergestellt waren. Das Konzept bringt auch eine spielerische und ungewöhnliche Seite in die Gestik von Funktion und Form. Dem Designer ist es erneut gelungen, diesem Projekt einen Mehrwert zu verleihen und die Problematik gleichzeitig sehr pragmatisch anzugehen.

«In erster Linie bin ich Unternehmer, dann erst Designer»

, sagt Raphaël Lutz über sich selbst, denn er spricht die Sprache der Wirtschaft und bringt seine Expertise bei Start-ups und KMU ein, um sie bei der Entwicklung von Innovationen zu fördern. Dies nennt man Service-Design. Mit seinem für die Welt des Designs untypischen Ansatz ist dieser Aussenseiter ein Einzelgänger, und doch umgibt er sich gerne mit Partnern, Handwerkern, Kunden, Gastronomen, Köchen usw. Sein Unternehmergeist liess ihn aus Zürich wegziehen und ins Waadtland zurückkehren, «angezogen vom fruchtbaren Boden der Innovation des Genferseebogens und seinem enormen kreativen Potenzial».

Für 2019 nimmt er sich vor, neben seinem nächsten Industriedesign-Projekt, einer zu 100 % aus Lausanne stammenden Fritteuse, «immer mehr mit Start-ups zusammenzuarbeiten, um noch schneller zu werden und sich an der Spitze der Innovation zu positionieren». Das alles wünschen wir ihm!

Fotografie: Clément Lambelet