"Clown Nose" heissen die Aufbewahrungsbehälter: Statt einem Verschluss haben sie einen Korken, der an die Form einer Clownnase erinnert.

Vom Aufwand, Schlichtes zu schaffen

Von Raphael Rossel • 14.10.2016

Die von Tomas Kral gestalteten Produkte sind alltagstauglich – doch alles andere als alltäglich.

Am Rande der Design Days 2016 in Renens haben wir den in der Slovakei geborenen Designer Tomas Kral in seinem Lausanner Atelier besucht. Und uns mit ihm darüber unterhalten, wie er es schafft, aus scheinbaren Alltagsgegenständen Objekte zu kreieren, die einem berühren.

Laute Töne sind ihm fremd. Fast schüchtern aber umso herzlicher und empfängt Tomas Kral den Gast in seinem Atelier. Der gebürtige Slovake arbeitet am Stadtrand von Lausanne in einer umgenutzten Autowerkstatt. Dort, wo früher die Spritzkammer stand, hat er sein Büro eingerichtet. Gleich nebenan ist eine Schreinerwerkstatt, auf drei Seiten Fenster, es ist Feierabend. In diese Stille schmettert die Abendsonne ihre letzen Strahlen. Hoch über der Stadt, fern der Alltagshektik und mit Blick auf die Savoyer Alpen liegt sein Atelier. Nach einem aufregenden Nachmittag an den Design Days in Renens findet man sich plötzlich einem Orte wieder, der deshalb inspiriert, weil die Ruhe und Abgeschiedenheit einen hell erleuchteten Gedankenraum schafft.

Er suche das Einfache und Reine, reflektiert er. «Mich interessiert die Vereinfachung, die formale Abstraktion und dazu braucht es einen gewissen Abstand». Selbstständig zu sein und für kleine Labels arbeiten zu dürfen, habe es ihm früh ermöglich, eine unverkennbare und gradlinige Formensprache zu entwickeln. Diese Individualität und Autonomie ist nicht nur seinem Werk eigen, sie drückt sich eben auch im Standort seines Ateliers aus. Als Dozent an der Lausanner ECAL ist er tageweise mitten im Geschehen. Sein Atelier aber scheint ein Rückzugsort zu sein, um in der Abgeschiedenheit den Blick auf das Wesentliche zu lenken.

Es mutet nicht paradox sondern deshalb nur konsequent an: Die von ihm entworfenen Produkte und Alltagsgegenstände wirken weder distanziert noch kühl, im Gegenteil; sie wollen berührt werden. Weiche Kanten, ruhige Formen, organisch gewachsene Volumen. Er schafft es, scheinbar Banalem gestalterisch eine Aura zu geben, die aus einem simplen Produkt ein Objekt macht, das vertraut und lieblich wirkt. Die Lampe «Terracotta» beispielsweise, die er für den spanischen Möbelproduzenten PCM aus Ton entworfen hatte, steht für diesen Effekt. Die sanfte Linienführung, aus dem weichen Ursprungsmaterial Lehm herausgearbeitet, drückt aus, was er mit ihr bezweckt: Das Objekt soll einem verführen, es zu berühren.

Man würde sein Oevre verkennen, reduzierte man es auf’s Schlichte, Klare und Nüchterne. Seine Objekte sind nicht nur funktional – sie sind genauso verspielt. «Zu berühren heisst immer auch, mit etwas spielerisch umzugehen» umschreibt er eines seiner Gestaltungsprinzipien. Bereits als Kind habe er sich für die verschiedensten Dinge interessiert, weil er wissen wollte, wie sie funktionieren. Ein früher Drang, der seine Beobachtungsgabe schärfte, mit der er heute spielt, um auf humorvolle und überraschende Art die eigenen Entwürfe zu kommentieren. Und genau dieses Talent erklärt wohl auch, warum er es immer wieder schafft, eigentlich ganz trivialen Alltagsgegenständen einen überraschenden, erfrischenden und humorvollen Ausdruck zu verleihen.

Die braune Leuchte "Terracotta" gibt es auch mit mehreren Lampenschirmen.

Fotografie: Tomas Kral