«Kann Design die Gesellschaft verändern?»
Social Design ist die Gestaltung der Gesellschaft mit der Gesellschaft. Wie das geht, zeigt die gleichnamige Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich, die noch bis Anfang Februar zu sehen ist.
«Kann Design die Gesellschaft verändern?», wird man als Besucherin oder Besucher gefragt, bevor man den Ausstellungsraum betritt. Dies entspricht auch der Leitfrage der Schau ‹Social Design›, die diese Antwort anhand von 25 nationalen und internationalen Projekten zu beantworten versucht. «Bei der Auswahl der Projekte haben wir auf deren soziale und gestalterische Qualität geachtet, aber auch auf die Transparenz der damit verbundenen Prozesse», sagt die Kuratorin Angeli Sachs. «Es sollte nachvollziehbar sein, wie gearbeitet wurde und welcher Dialog zwischen den Beteiligten stattfand.»
Ein Projekt, das diesen Kriterien entspricht, ist der Webstuhl ‹Flying8› von Andreas Möller. Im Rahmen eines Umschulungsprojekts für Handweberinnen und -weber in Äthiopien fiel dem deutschen Unternehmer auf, dass die preiswerte und zeitlich nahe Verfügbarkeit von Webstühlen für die lokale Bevölkerung oft nicht gewährleistet ist. Um Abhilfe zu schaffen, entwarf er eine Anleitung, mit der ein Webstuhl mit einfachen Materialien innerhalb weniger Tage gebaut werden kann. So besteht dieser etwa aus Holz, Pappe oder Schnüren und kann ohne Bohrer oder andere elektrische Werkzeuge zusammengesetzt werden.
Eine einfache Idee, die nachhaltige Produktionsbedingungen schuf und die Existenzgrundlage vieler Arbeiterinnen und Arbeiter sicherte. «Projekte wie dieses nehmen Einfluss auf gesellschaftliche Bedingungen und bringen eine nachhaltige Veränderung mit sich», erläutert Angeli Sachs.
Ein weiteres Beispiel ist die Solarleuchte ‹Little Sun› von Olafur Eliasson und Frederik Ottensen, die den Menschen dienen soll, die in Regionen ohne Stromversorgung leben; wird die Leuchte mindestens fünf Stunden in der Sonne aufgeladen, spendet sie bis zu 50 Stunden Licht. Jedes Exemplar, das zu einem höheren Preis in elektrifizierten Weltregionen verkauft wird, sichert das Angebot zu einem niedrigeren Preis in Gegenden ohne Strom.
Ähnlich wie ‹Flying8› nimmt auch ‹Little Sun› Einfluss auf gesellschaftliche Bedingungen und ruft Missverhältnisse wie Ressourcenknappheit und mangelnde Zukunftschancen, wie sie in vielen Ländern bestehen, in die Erinnerung zurück: Rund 15 Prozent der Weltbevölkerungmussten nämlich 2017 ohne Strom leben.
Um dem Ungleichgewicht von Ressourcen und Produktionsmitteln, Bildung und Zukunftschancen entgegenzuwirken, muss sich die Gesellschaft neu organisieren und sich überlegen, wie sie die Welt von morgen gestalten möchte. Dabei müssen nicht nur Designerinnen und Designer, sondern auch Konsumentinnen und Konsumenten soziale und ökologische Verantwortung übernehmen.
Diese Notwendigkeit kommt auch in der Ausstellung zum Ausdruck, in der man sich als Besucherin oder Besucher einbringen kann: Indem man weitere Social-Design-Projekte vorschlägt oder auf einer Karte der Stadt Zürich die Orte markiert, die hinsichtlich sozialer, ökologischer oder wirtschaftlicher Nachhaltigkeit Potential haben. «Gerade bei diesem Thema spielt die Beteiligung eine wichtige Rolle», meint Angeli Sachs. «Ausserdem eignet sich die Ausstellung, um eine Diskussion anzuregen.» So sind die 25 Projekte lediglich Beispiele und lassen über die Umstände nachdenken, die noch verändert werden können.