Mut zum Neubeginn

Susanna Koeberle • 16.03.2018

Die Westschweizer Design Days positionieren sich nach zehn Jahren neu. Die zehnte Ausgabe des Designevents hat deshalb zum ersten Mal im Rahmen der Messe «Habitat Jardin» stattgefunden. Wir haben unsere Autorin Susanna Koeberle nach Lausanne geschickt und sie um eine Einschätzung gebeten. Ihre drei Highlights als «Best Of» des diesjährigen Events.

Ziel der Design Days ist es, Design in all seinen Facetten zu zeigen. Hersteller, Jungmarken, Hochschulen, Designgalerien, Möbelgeschäfte, Gesprächsrunden und Vorträge waren Programmpunkte dieser Veranstaltung, die alternierend in Genf oder Lausanne stattfindet. Zu ihrem zehnjährigen Jubiläum haben die Design Days nun eine neue Partnerschaft mit der Messe «Habitat Jardin» aufgelegt. Das ist ein Wagnis – denn Schweizer sind bekannt dafür, Veränderungen eher zurückhaltend aufzunehmen. Die erste Ausgabe am neuen Ort fällt deswegen auch deutlich reduzierter aus als üblich: Viele Hersteller und Geschäfte sind der Neuaustragung erst einmal fern geblieben. Man will abwarten, wie sich das neue Format bewähren wird. Aber die wichtigsten Zutaten waren dennoch vertreten: Nämlich eine Auswahl lokaler Marken, ein Überblick über aktuelle Tendenzen sowie Plattformen zum Austausch.

Höhepunkt 1: Raphaël Lutz

Sein Credo «local et artisanal» ist keine blosse Worthülle. Wenn Raphaël Lutz seine Philosophie erklärt, merkt man sogleich, dass die Sache, die er vertritt, Hand und Fuss hat. Seine drei Tätigkeitsbereiche teilt er fein säuberlich in drei Internet-Auftritte auf, Ordnung muss sein. Seine nach Kundenwunsch gefertigten Tische stehen paradigmatisch für seine Entwurfshaltung: Er entwirft gradlinige Produkte, die lange währen. Jeder Tisch ist ein Einzelstück und wird lokal hergestellt. Grösse, Material und Form können die Kunden über eine selbst entwickelte App bestimmen. Im «Le LAB», seinem zweiten Standbein, hat er sich dem „Design Thinking“ verschrieben und bietet dort Workshops für Firmen an. Die Firma «Le Généraliste» leistet wiederum handfeste Hilfe beim Einrichten. Ein überzeugender Auftritt eines ebensolchen Jungdesigners.

Höhepunkt 2: Flair

Trend ist ein ominöses Wort, aber um es auf den Punkt zu bringen: Trends benennen Veränderungen. Und die finden immer schneller statt. Die Ausstellung «Flair» liefert einen selektiven Blick auf aktuelle Strömungen, die im Design ihre Spuren hinterlassen. Die beiden Kuratorinnen Virginie Le Moigne (My Playground) und Patricia Lunghi (Espaces Contemporains) haben intuitiv nach zehn Inspirationen gesucht, die heutige Tendenzen und Lebensgefühle widerspiegeln. Zwei soziologische Strömungen – «Extreme Fluidity» versus «Over the Top» – rahmen die Themen ein und umschreiben unseren Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit. Mit einfachen Mitteln vermittelt «Flair» eine persönliche und doch aussagekräftige Sicht auf die Jetztzeit.

Höhepunkt 3: Intelligente Materialien

Design ist die Kombination von Materie und Idee. Gerade in der Entwicklung neuer, «intelligenter» Materialien tut sich heute Einiges. Ein Grund mehr, solche Erfindungen auf einem Design-Event zu thematisieren. In Zusammenarbeit mit dem Design Preis Schweiz haben vier Vortragende ihre Arbeit präsentiert. Alain Reymond von Laufen hat über «SaphirKeramik» gesprochen, Vera Gail von Schoeller über das beheizbare Textil «E-soft-shell», Beat Karrer hat das aus biologischen Abfällen entwickelte Material «FluidSolids» thematisiert und Dominic Schlögel vom Studio Christophe Gubéran hat über verschiedene Ansätze berichtet, Materialien neu denken. Hier erklingt Zukunftsmusik.

Fotografie: Elise Heuberger, Susanne Koeberle, Raphaël Lutz