Bianca Sellnow • 28.02.2018

Warum Bio-Baumwolle die bessere Wahl ist

Wir tragen sie auf der Haut, trocknen uns damit ab und wischen mit ihr den Boden. Baumwolle ist eine der wichtigsten Fasern in unserem Alltag. Trotzdem achten bis heute erst wenig Konsumenten darauf, wie und wo sie produziert wird. Dabei kann das «Bio» vor der Baumwolle einen grossen Unterschied machen.

Lediglich ein Prozent der weltweit hergestellten Baumwolle hat bisher Bio-Qualität. Dabei ist der Bedarf an der Naturfaser riesig, ihr Anbau belastet die Umwelt und viele Arbeiter stark. Dazu kommt, dass die meiste Baumwolle aus weit entfernten Anbaugebieten stammt, wie etwa Indien, Afrika oder China. Dort sind die gesetzlichen Standards für den Umweltschutz und die Arbeitsbedingungen in der Regel deutlich schlechter als in europäischen Ländern.

Doch es gibt eben auch die menschen- und umweltfreundlich produzierte Bio-Baumwolle. Bei vielen Produkten haben Konsumenten also die Wahl. Warum es sich lohnt, zur ökologischen Variante zu greifen, lässt sich anhand von fünf Gründen erklären:

Erstens: Fast jeder nutzt Baumwolle täglich: Ob T-Shirts, Bettwäsche oder auch Putzlappen – Baumwolle ist in allen möglichen Produkten enthalten. Gerade wegen der weiten Verbreitung bringt es viel, auf Bio-Baumwolle umzusteigen. Der Kunde kann hierbei mit seinem Konsumverhalten wichtige Impulse an die Adresse der Händler und Produzenten setzen.

Zweitens: Biologisch hergestellte Baumwolle spart Unmengen an Pestiziden ein. Denn die Pflanze ist besonders anfällig für Krankheiten und wird deshalb im konventionellen Anbau mit Pestiziden behandelt, die Umwelt und Menschen gleichermassen belasten.

Drittens: Ökologische Baumwolle verzichtet auf Gentechnik. Der grösste Teil der konventionellen Baumwolle ist genmanipuliert. Dadurch soll sie resistenter und weniger anfällig werden. Doch mit Gentechnik bearbeitete Pflanzen können sich unter Umständen unkontrolliert ausbreiten und die Umwelt vor Ort stark schädigen.

Der vierte Grund, biologisch erzeugte Baumwolle zu kaufen, liegt darin, dass damit Leben gerettet werden kann: Pestizide schädigen nicht nur Böden, sondern kosten auch Menschenleben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass durch die Giftstoffe beim Anbau von Baumwolle jährlich etwa 20’000 Personen sterben.

Fünftens: Und schliesslich fördert der Bio-Anbau eine gesunde Umwelt. Arbeiter sammeln Schädlinge ein oder lenken sie mit Alternativen ab, anstatt sie zu vergiften. Bio-Baumwolle wird zudem in der Regel mit Fruchtfolge angebaut und nicht in schädlichen Monokulturen, welche die Böden auslaugen und den Einsatz von Dünger nach sich ziehen.

Warum gibt es trotz der vielen Vorteile nach wie vor nicht mehr Produkte aus Bio-Baumwolle? Diese und weitere Fragen haben wir Patrick Hohmann, dem Gründer und Geschäftsführer der Firma Remei AG, gestellt, dem wichtigsten Wegbereiter für Bio-Baumwolle in der Schweiz:

 

Bianca Sellnow: Herr Hohmann, Sie gelten als Pionier der Bio-Baumwolle. Warum war es Ihnen wichtig, etwas an den Anbaumethoden zu verändern?

Patrick Hohmann: Als wir damals nach Indien kamen, sprachen wir mit den Bauern. Dabei stellten wir fest, dass sie hohe Kredite aufnehmen mussten, um die beim konventionellen Anbau verwendeten Pestizide zu finanzieren. Ich habe mich dann gefragt, ob es nicht eine andere Methode gibt. Durch den Anbau von Bio-Baumwolle verdienen die Bauern nun zwar auch nicht mehr, sie verschulden sich aber wesentlich weniger.

 

B S: Wie viel mehr kostet Konsumenten das Bio in der Baumwolle?

P H: Das kommt darauf an, wie man Bio macht. Wer Baumwolle wirklich in Bio-Qualität herstellt, ist immer teurer. So wie wir es machen, kosten die Rohstoffe etwa 20 Prozent mehr als beim konventionellen Anbau.

 

B S: Können sich Kunden darauf verlassen, dass immer Bio-Baumwolle drinsteckt, wenn es draufsteht?

P H: Das ist ganz schwierig zu beantworten. Von der Pflanze zum fertigen Produkt ist es ein weiter Weg. Sämtliche Stufen zu kontrollieren, braucht viel Zeit und Arbeit. Deshalb liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen Unternehmens, das ein Produkt als «Bio» verkauft. Bei uns allein sind es etwa 90 Angestellte, die Bauern beim Anbau beraten und betreuen.

 

B S: Ihre Erfolge mit der Remei AG zeigen, dass sich mit Bio-Baumwolle trotz Aufpreis Profit machen lässt. Warum setzen nicht mehr Textilfirmen darauf?

P H: Weil dabei der Profit stärker in den Hintergrund tritt. Mit Bio-Baumwolle arbeitet man, um ein Produkt herzustellen und nicht, um reich zu werden.

Weitere Informationen:
Die Fotos sind in einer zertifizierten Bio-Baumwolle Produktionsstätte in Madhya Pradesh, eine Stadt im Nordwesten Indiens, entstanden.

Fotografie: Julia Kop