Ein Zufall und viel Experimentier­freude

Susanna Koeberle • 26.02.2018

Lea Gerber und Sophie Liechti bilden zusammen das «Atelier Volvox». In ihrem Lokal im Zürcher Kreis 3 geben sie Auskunft über ihre Arbeit.

Dass Design und Business zwei unterschiedliche Sachen sind, merken Gestalterinnen und Gestalter spätestens nach Abschluss des Studiums. Die Schulen bereiten auf die gestalterischen Aspekte des Entwerfens vor. Wie man diese Stücke dann an den Mann oder die Frau bringen soll, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Den Prozess vom ersten Entwurf über das fertige Produkt bis zum Vertrieb und Verkauf selber zu begleiten, machen die wenigsten Designer. Was nicht heisst, dass dies nicht auch spannend sein kann. Das zeigt ein Besuch bei «Atelier Volvox».

Sich um all diese Elemente persönlich zu kümmern, ist allerdings sehr zeitintensiv, wie die zwei Zürcher Designerinnen Lea Gerber und Sophie Liechti im Gespräch zu bedenken geben; sie bilden zusammen das «Atelier Volvox». Die Räumlichkeiten ihres Ateliers mitten im Kreis 3 haben zur Strasse hin auch ein Ladenlokal. Diese besondere Kombination verdanken sie einem Zufall. «Wir wollten eigentlich gar keinen Laden, aber über einen Freund bot sich vor zweieinhalb Jahren diese Gelegenheit und wir beschlossen, das auszuprobieren», erzählen die beiden. Ihre Holzobjekte produzieren sie nach wie vor in einer Schreinerei in Altstetten, die sie mit anderen Leuten teilen. Während den Ladenöffnungszeiten sind sie jeweils vor Ort an der Bertastrasse, entwerfen, recherchieren oder erledigen Büroarbeiten. Und können bei Bedarf ihre Objekte dem interessierten Publikum gleich selbst erklären. Ergänzend zu ihrem Produktportfolio bieten sie in ihrem Geschäft Stücke von Designerinnen und Designern an, die sie kennen und schätzen. Den direkten Kontakt mit den Kundinnen und Kunden suchen sie auch auf verschiedenen Messen wie etwa der Blickfang.

Gerber und Liechti arbeiten schon länger zusammen, sie gründeten 2010 nach dem Produktdesign-Studium an der ZHdK gemeinsam mit Freunden das «Atelier Volvox», seit 2015 sind sie zu zweit und haben gemeinsam verschiedene Produkte entworfen. Der Aufbau einer Kollektion braucht Zeit. Diese möchten sie sich auch nehmen, denn gute Produkte entstehen nur durch Experimentieren und Weiterentwickeln. Um diese häufig komplexen Prozesse optimal auszubalancieren, arbeiten sie mit verschiedenen Manufakturen zusammen und lassen ihre Entwürfe in unterschiedlichen Mengen herstellen. Denn eins haben die beiden «Selfmadewomen» gelernt: Je grösser das Auftragsvolumen, desto tiefer ist auch der Preis der Stücke. Und desto höher ihre Marge. Das klappt aber nicht bei jedem Objekt und ist auch nicht das Ziel.

Ihre Vase «Alba» etwa lassen sie in einer Metalldruckerei im Aargau produzieren. Jedes Objekt ist ein Unikat, da beim Erhitzen des Kupfers unterschiedliche Farbeverläufe entstehen. Die Stücke werden zwar in Serie hergestellt, doch da die Herstellungsschritte manuell ausgeführt werden, hat die Vase auch ihren Preis. Manchmal entsteht eine Idee auch aus der Faszination für ein bestimmtes Gebrauchsobjekt oder für ein Material. Durch die Lektüre eines Artikels über das Thema Salz ergab sich eine Recherche, die zum Material Alabaster führte. Die beiden umtriebigen Frauen reisten in die Toscana, wo dieses kristallartige Material seit Jahrtausenden gefunden und bearbeitet wird. Dort fanden sie Handwerker, die seither für ihr Label schöne Salzdosen fertigen. Gerber und Liechti legen auch gerne selbst Hand an. Da Lea Gerber gelernte Schreinerin ist, bringt sie eine handwerkliche Expertise in den Entwurfs- und Herstellungsprozess ein. Für die handgefertigte Holzkommode «Abra» verwenden sie je nach Kundenwunsch unterschiedliche Farben. Auch Einzelanfertigungen auf Mass gehören zum Angebot von «Atelier Volvox».

Ihre Neugierde treibt die beiden Gestalterinnen dazu, immer wieder mit neuen Materialien zu experimentieren, zurzeit ist das Glas. So weitet sich das Sortiment des Labels kontinuierlich aus, was zum prozessorientierten Blick der Gestalterinnen auf die Disziplin Design passt. Die Schattenseite der Tüftlerei und Weiterentwicklung ist der finanzielle Aspekt. Denn die Designerinnen investieren einen Teil des Gewinns in die Produktion. «Es braucht drei Serien, bis ein Produkt rentiert», berichten sie. Der Laden ist zwar selbsttragend, aber er dient in erster Linie als Showroom und Plattform. Darum haben sie die meisten Objekte, die sie im Geschäft anbieten, in Kommission und kaufen nur selten etwas ein. Nebenbei jobben die beiden, um sich über Wasser zu halten. Den Optimismus und die Freude am Gestalten haben sie deswegen nicht verloren. «Es geht stetig bergauf», sagen sie lachend. Der Preis für die Kontrolle über Entwurf, Herstellung, Vertrieb und Verkauf ist hoch, doch die beiden engagierten Gestalterinnen denken nicht ans Aufgeben.

Weitere Informationen

ateliervolvox.ch
Adresse: Bertastrasse 19, 8003 Zürich

Fotografie: Atelier Volvox