Alternative Bank

Von Raphael Rossel • 02.11.2014

Der Industriedesigner Sebastian Marbacher macht aus Baustellen-Abschrankungen temporäre Bänke. Und aus Mehrschichtplatten Sitz-Objekte für den öffentlichen Raum. Ihn treibt die Lust, unser Verhältnis zum urbanen Raum zu hinterfragen.

Was hat eine improvisierte Sitzbank aus herkömmlichem Absperrmaterial für Baustellen mit Design zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Genau hier setzt der Industriedesigner Sebastian Marbacher an: Er nutzt Latten und modifizierte Lattenhalter von Baustellenabsperrungen, um aus diesem Nichts einen Alltagsgegenstand herzustellen. Ohne Vorankündigung schafft er Objekte im öffentlichen Raum, die sich gewissermassen als pop-up Sitzbänke den Passanten anbieten.

Dort, wo wegen der Baustellen im urbanen Raum Hektik aufkommt, schafft er mit wenigen Handgriffen Orte für eine kurze Rast. Bis heute standen die Bänke an rund 30 Orten, mehrheitlich in Basel oder Zürich. Meist werden sie während Wochen von den Bauarbeitern geduldet; sehr zur Freude der Passanten, die diese Installationen gerne und oft nutzen.

Sebastian Marbacher beschreibt sich selbst als «Beobachter, der aus Distanz die eingespielten Verhaltensmuster seiner Mitmenschen studiert und ihrem Alltag seine Entwürfe entgegenhält». «Das Benehmen der Menschen, ihre Interaktion mit der gebauten Umwelt und ihr zum Teil unbewusster Umgang mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs, interessieren mich», sagt er über seine Rolle. Gerne greift er in diese Routinen ein, hinterfragt die Muster um – wie im Fall der «Baustellen-Bank» – auf spielerische Art einzugreifen.

Das erklärt auch, warum er gerne im öffentlichen Raum arbeitet. Diesen Ansatz wendete er auch 2013 in seiner Diplomarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK an. Anstelle ein Sitzobjekt für wenige zu gestalten entwarf er ein Sitzmöbel für viele. Es widmet sie «dem Zusammenkommen von Menschen und zelebriert das gemeinsame Sitzen im Freien».

Im Rahmen von «Bench Exercise» setzte er sich mit dem Sitzen im öffentlichen Raum auseinander. Seine Beobachtung, dass Menschen gerne auf Treppen sitzen, gab seinem Sitzmöbel die abgestufte Form. Diese fordert das Publikum heraus, indem sie auf konkrete Nutzungsvorgaben verzichtet und dabei mit der sozialen Interaktion beim Sitzen experimentiert.

Weitere Informationen über Sebastian Marbacher findest Du hier:

http://sebastian.marbacher.com
http://www.youtube.com/watch?v=qtt3Z33qEPQ

Fotografie: Sebastian Marbacher