Ariana Pradal • 09.04.2019

Sweet Dreams –
Wie man sich bettet, so liegt man.

Wir schlafen etwa acht Stunden pro Tag. Das macht ein Drittel des Tages, des Jahres und somit auch unseres Lebens aus. Das ist zu viel Zeit, um nicht richtig gut zu schlafen. Denn wie man sich bettet, so liegt man – das besagt schon ein altes Sprichwort.

Oft betrachten wir, wie wir schlafen, isoliert an. Wenn wir am Morgen müde aufstehen, stellen wir die Qualität der Matratze und vielleicht noch unseres Kissens in Frage. Doch damit wir gut ein- und durchschlafen, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, der Licht, Temperatur, Luft, Routine und unser Verhalten miteinbezieht. Das Bewusstsein, dass die Qualität des Schlafes nicht nur durch die acht Stunden im Bett bestimmt wird, sondern bereits vorher beginnt, muss in der Schweizer Bevölkerung noch zunehmen.

In einer grossangelegten Studie im deutschsprachigen Raum hat IKEA 8300 Mitwirkende nach ihrem Schlafverhalten befragt. Die Rangliste der Faktoren, die guten Schlaf ausmachen, liest sich wie folgt: Auf dem ersten Platz findet sich mit 59% die Zimmertemperatur, dann folgt mit 56% die kuschelige Bettwäsche und mit 49% schliesst die ruhige Raumatmosphäre diese Rangordnung ab. Und fast ein Viertel der Probanden gaben an, dass sie ihr Schlafzimmer anpassen möchten.

Wer diesem Wunsch Taten folgen lassen will, setzt als erstes beim Bett selbst an. Das rät Johanna Zimmermann, Geschäftsführerin von Colombo la famiglia. Die Wohnexpertin ist seit ihrer Lehre als Innendekorateurin im Bereich Inneneinrichtung sowie im Möbel- und Textileinkauf tätig. Sie hat unzählige Gespräche mit Kunden geführt, die ihr Schlafzimmer neu einrichten wollten. Sie weiss, was es braucht, damit wir uns in der Nacht in unserem Schlafzimmer erholen können. 2005 hat sie zudem ihre Ausbildung als Alpha CHI Beraterin absolviert. Sie erklärt diese Tätigkeit wie Akupunktur am Bau. Man sieht nichts, aber man fühlt es.

Frau Zimmermann, wenn Menschen zu Ihnen kommen, weil sie sich neu einrichten wollen, welches Zimmer wird da zuerst angeschaut?

Sofas verkaufen wir am meisten. Somit ist das Wohnzimmer oft der erste Raum, den wir besprechen, denn es dient der Gemeinschaft und Familie. Dann folgen Ess- und Schlafzimmer. Beim Schlafzimmer haben das Bett und die Matratze einen hohen Stellenwert.

Das Schlafzimmer wird nicht als Ganzes angeschaut?

Das Thema Schlafen gesamtheitlich anzugehen, hat in der Schweiz keine Priorität. Dabei geht es nicht nur um die Möblierung und das Licht, sondern auch um die Platzierung des Betts. Wo ist die Tür, wo das Fenster? Ein Mensch muss sich in sein Schlafzimmer zurückziehen können. Man muss sich geschützt und geborgen fühlen. Ähnlich wie früher in der Höhle. Die grossen Fenster in der heutigen Architektur sind für ein Schlafzimmer nicht geeignet. Man ist zu ausgestellt. Darum sind Vorhänge wichtig. Sie dunkeln ab und schützen zugleich vor den Blicken von aussen.

Was ist aus Ihrer Sicht zentral?

Jede Art von Resonanz oder Welle ist im Schlafzimmer schlecht. Sei dies das Ticken eines Weckers, die Kirchenglocken draussen, der Lärm von Nachbarn oder auch der Elektrosmog von Geräten. Dies sind alles Fehlinformationen, die den Schlaf stören. Der Mensch gewöhnt sich an Störungen, aber deswegen ist die Situation noch lange nicht optimal. Darum sollte man für das Schlafzimmer den ruhigsten Raum der Wohnung auswählen und beim Einrichten bewusst auf die Akustik achten. Zudem muss der Kopf geschützt sein. Ich schlage Kunden darum gerne ein Bett mit Kopfteil vor, auch wenn das Bett an einer Wand steht. Nehmen Sie Kleinkinder als Vergleich. Wenn sie schlafen, schützen wir sie oft mit einem Kissen um den Kopf, damit sie sich nicht anstossen.

Was ist aus Ihrer Sicht der grösste Fehler beim Einrichten des Schlafzimmers?

Wenn man im Schlafzimmer noch viele andere Tätigkeiten unterbringen will: Schreibtisch, TV oder Bibliothek. Dann kommt der Geist nicht zur Ruhe. Ein Schlafzimmer sollte möglichst leer sein, eine ruhige Ausstrahlung haben und keine weiteren Funktionen erfüllen, als dem Schlaf und der Erholung zu dienen.

Was raten Sie Kunden, die ihr Schlafzimmer neu einrichten wollen?

Schweizer sollten mehr wagen. Beige und grau kommen immer gut an. Aber wieso nicht einmal das Zimmer dunkel streichen und mit dunklen Möbeln und Textilien ausstatten? Bisher konnte ich noch kein Zimmer so einrichten, aber ich bin sicher, viele Menschen würden darin besser schlafen als in einem weissen Raum mit weissen Möbeln und Textilien. Dann sollte man auch seine Gewohnheiten hinterfragen und sich nicht einfach wie bisher einrichten. Zum Beispiel wollen fast alle Kunden ein Leselicht auf dem kleinen Nachttischchen, auch wenn sie nie lesen.

Aber ein kleines Licht braucht es schon, nicht?

Natürlich. Aber wieso auf dem Nachttisch, auf dem meist der Platz fehlt? Wenn man wenig liest, wieso nicht das Licht mit einer Hängeleuchte links und rechts vom Bett von oben herführen? Das sieht schön aus und spart erst noch Platz auf dem kleinen Nachttisch. Es lohnt sich, gewisse Möbel und ihre Nutzung zu hinterfragen, wenn man sich daran macht, sich neu einzurichten.

Gibt es Tendenzen im Schlafzimmerbereich?

Tendenzen der Mode folgen mit ein bisschen Verspätung auch im Möbelbereich. Seit etwa fünf Jahren wird im Bereich Wohnen alles wieder opulenter. So findet man im Schlafzimmer heute weiches Kaschmirleder, Samt oder Hochflorteppiche, die sogar Fussabdrücke hinterlassen. Oder auch viele und grosse Kissen. Auch kommt immer mehr das Bedürfnis auf, dass jede Person ihr eigenes Zimmer und Bett hat, weil man merkt, wie verschieden die Schlafgewohnheiten der Partner sind. Oder man hat ein Ausweichzimmer, damit jede Person bei Bedarf in Ruhe schlafen kann, wenn jemand krank ist oder man unterschiedlich früh aufstehen muss.

Fotografie: Augusto di Luca – Sleeping in Geometry, 1983