Rainer Brenner • 23.10.2018

«Peter weiss immer erst, was er sucht, wenn es ihm begegnet.»

Peter Finazzi ist begeisterter Sammler. Viel wichtiger als seine Schätze sind aber die Geschichten dazu. Wir haben eine Privatführung durch sein Tagebuch im Grossformat erhalten.

Peter Finazzi begrüsst uns mit festem Händedruck an der Haustür und beginnt ohne Umwege mit der Führung durch sein Privatmuseum. «Das Spezielle an meiner Sammlung ist ihre Vielseitigkeit», erklärt der gelernte Automechaniker mit leuchtenden Augen. Die drei Stockwerke des Einfamilienhauses in Möhlin teilt sich die vierköpfige Familie deshalb mit 14’640 Autogrammen, 5254 Pins, 196 Bierkrügen, 146 Velo-Bidons, 732 Mützen, 524 Doppelmetern, 500 Modellautos, einem riesigen Schrank randvoll mit unterschriebenen Sporttrikots, diversen unterzeichneten Sportschuhen, ausgestopften Tieren und vielem, vielem mehr.

Das meiste davon hortet Finazzi im Untergeschoss. In der Waschküche hängen Kappen an der Decke, nebenan im Bügelzimmer lagern Pins, Autogramm-Ordner und kleine Vitrinen, in denen der Sammler seine Mini-Ausstellungen kuratiert: Unvergessliche Sportevents, eine Audienz bei Peter Sauber, der Familienausflug zur Autogrammstunde, der Formel-1-Rennwagen am Hochzeitstag…

Geteilte Freude

Sein Fan- und Sammlertum begann schon als Kind. In der nahegelegenen Kiesgrube suchte der Aargauer nach Versteinerungen. Seither sammelt er Souvenirs, und die meisten davon haben mit Sport zu tun. Zu seiner ersten Autogrammkarte von FCB-Goalie Marcel Kunz kam er 1972 allerdings eher zufällig – nämlich am Möhlener Freibad-Kiosk. Doch sie legte den Grundstein für all die Stunden, die er auf der Jagd nach Unterschriften von Sportstars und anderen Promis verbrachte. Seine Autogrammsammlung gehört mittlerweile zu den beeindruckendsten der Schweiz, spielt innerhalb des «Finazzi-Museums» aber keineswegs die Hauptrolle.

Am meisten interessieren ihn nämlich Gegenstände, die von persönlichen Verbindungen erzählen. Zum Beispiel jener zu Ivan Rakitc. Wie Finazzi ist auch der Fussballstar im beschaulichen Möhlin aufgewachsen. Finazzi hat seine Karriere von Anfang an mit Stolz und Begeisterung verfolgt. Ein halbes Zimmer hat er allein dem Barcelona-Stürmer gewidmet. «Manchmal kommt Ivans Vater hier vorbei, macht Fotos und schickt sie seinem Sohn. Der staunt dann über meine Sammlung und lässt mir bei Gelegenheit auch wieder neue Sachen zukommen». Diese Momente, in denen seine Schätze betrachtet und bewundert werden, motivieren Finazzi besonders. Entsprechend gerne teilt er seine Sammlung mit den Augen anderer – zum Beispiel im hiesigen Gemeindehaus, wo man dem Sammler 2012 eine Ausstellung widmete.

Kein Platz zum Bügeln

Finazzi erzählt mit viel Begeisterung und wenig Pausen. Dabei wirft er mit Jahreszahlen und Namen um sich, von denen wir nur die wenigsten kennen. Die Führung endet auf dem Dachstock, wo er uns zu guter Letzt seine mit Carrera-Utensilien nachgebaute Monza-Strecke präsentiert. «Ich habe zu all diesen Dingen eine starke Verbindung, ganz egal welchen Wert sie für andere Leute haben. Nur schon etwas davon wegzuwerfen, wäre für mich unglaublich schlimm». Dass seine Sammlung sich mittlerweile übers ganze Haus erstreckt, verdankt er vor allem der Toleranz seiner Frau, mit der er sich seit 40 Jahren sein Leben teilt. Im Wohnzimmer setzt sich Rosi zu uns an den Tisch. Wir sind nicht die ersten Besucher, die das Familienmuseum bewundern. Nebst einigen namhaften Sportlern und Vorbildern Finazzis war auch die Presse schon mehrere Male hier. Auf die Leidenschaft ihres Mannes angesprochen lächelt Rosi verschmitzt und zuckt mit den Achseln. «Ihn macht das Sammeln glücklich, darum machen wir das halt mit».

Rosis Verständnis hat allerdings Grenzen: «Mein früheres Bügelzimmer ist so voll, dass ich kaum mehr ein Plätzchen zum Arbeiten finde».

Darum hat der 59-Jährige ihr versprochen, sich von nun an nur noch auf Autogramme zu konzentrieren – die brauchen schliesslich am wenigsten Platz. «Aber Peter weiss immer erst, was er sucht, wenn es ihm begegnet», erklärt seine Frau. So hat er seine Söhne beispielsweise vergangenen Sommer zum Klippenspringen in Sisikon begleitet. Die Sportler haben ihn derart beeindruckt, dass spontan eine neue Sammlung aus Fotos, Podesten und unterschriebenen Red Bull-Dosen daraus entstanden ist.

Gut aufgehoben

Nach unserem dreistündigen Besuch haben wir nicht nur jede Menge über Peters Sportler und Promis erfahren, sondern auch so einiges über seine Familie. Denn letztendlich ist seine Sammlung nicht weniger als ein Tagebuch im Grossformat. Zum Abschied schreiben wir «Danke für die Privatführung» ins Peters kleines Gästebuch und setzen unsere Unterschriften darunter. Es fühlt sich speziell an, zu wissen, dass jemand sich für immer an diese handgeschriebene Seite erinnern wird. Man fühlt sich irgendwie gut aufgehoben.

FOTOGRAFIE: ANNE MORGENSTERN